4 Wölfe · Challenge · Leseempfehlung · Rezension

“Nur fast am Boden zerstört” – Sophie Gonzales

©Klappentext, Cover & Zitat: cbj-Verlag

 

Ebook: 9,99 / Taschenbuch: 15,00

Seitenzahl: 336

Verlag: cbj-Verlag

Release: 26. Juli 2021

Genre: Romance, Coming ot, Coming of Age, Contemporary, Jugendbuch

Ich habe das Buch als Rezensionsexemplar bekommen, wofür ich mich nochmal ganz herzlich bedanken möchte, laut Gesetzgebung fällt dieser Beitrag unter “Werbung”.

Klappentext:

»Es war später Nachmittag, am letzten Mittwoch im August, als mir klar wurde, dass Disney mir mit seinem ›glücklich bis an ihr Lebensende‹ schon seit Ewigkeiten Lügen auftischte.«

Will Tavares ist der perfekte Sommerflirt – witzig, attraktiv und liebevoll – aber gerade als Ollie denkt, er hätte sein Happy End gefunden, enden die Sommerferien und Will antwortet nicht mehr auf seine Nachrichten. Um die Sache noch schwieriger zu machen, muss Ollie wegen eines Familiennotfalls ans andere Ende der USA ziehen. Was ihm deutlich weniger ausmacht, als er herausfindet, dass er von jetzt an auf dieselbe Schule wie Will geht – nur dass dieser Will nichts mit dem Jungen zu tun hat, mit dem Ollie seinen Sommer verbracht hat. Dieser Will ist ein Basketball-Crack, bekennt sich nicht zu seiner Sexualität und ist obendrein ein ziemlicher Idiot. Ollie denkt nicht daran, Will hinterherzutrauern. Doch dann taucht Will „zufällig“ ständig in Ollies Nähe auf: vom Cafeteria-Tisch bis hin zu Ollies Musikkurs. Und Ollies Entschluss gerät gehörig ins Wanken …

Zitat:

“Die ganze Welt verfiel in Schweigen. Er war es. Will. Will Will. Mein Will.”
“Er lehnte sich näher … und näher … und dann küsste er mich.”
“Selbst wenn mir niemand versprechen konnte, dass alles perfekt laufen würde –  hier und jetzt , genau in diesem Moment, war es perfekt. “

Eigene Meinung:

Ein perfekter Sommerflirt, der eigentlich genau das bleiben sollte. Doch dann kommt alles anders, als Ollies Familie beschließt zum besagten Urlaubsort hinzuziehen, um der kranken Tante beistehen zu können. Als ob Umzug schon nicht schwierig genug ist, immerhin lässt man Freunde und alles zurück, auch auf eine neue Schule muss Ollie sich einfinden. Und wen trifft er dort wieder? Will Tavares – seinen Sommerflirt -, der sich seit dem Ende der Sommerferien nicht mehr bei ihm gemeldet hat und ihm plötzlich an der neuen Schule aus dem Weg geht. Will, der Basketball-Crack und Idiot. Denn Ollie scheint für ihn plötzlich nichts weiter als Luft zu sein. Doch als Ollie beschließt diesem nicht mehr hinterher zu trauern, taucht Will ständig scheinbar zufällig immer dort auf, wo Ollie ist.

Ein Sommerflirt, die erste große Liebe und ausgerechnet mit jemandem, der zum einen so tut, als ob er einen nicht kennt und der nicht geoutet ist. Man selbst ist neu auf der Schule, kennt niemanden und muss sich nicht nur dort zurecht finden, sondern auch in seinem eigenen Leben. Ollie und Wills Geschichte wurde so oder so ähnlich bestimmt schon einige Male erzählt, also in dem Sinne, dass es jemanden geouteten gibt und jemanden, der es nicht ist und sich auch strikt dagegen weigert. Was also hat die Geschichte für mich so lesenswert gemacht?

Ollie ist wirklich ein faszinierender Charakter. Er kämpft sich durchs Leben, hin und wieder vergisst man, dass er eigentlich erst 17 Jahre alt ist. Er übernimmt Verantwortung, passt auf seinen Cousin und Cousine auf, nimmt sich dabei selbst zurück und beschwert sich kaum. Seine Pubertät scheint er schon eine Weile hinter sich zu haben, zumindest habe ich es so beim Lesen empfunden, weil er, was seine Eltern betrifft, kaum auf Konfrontation geht, obwohl er, gerade wenn es um seine Tante geht, meistens im Dunkeln gelassen wird. Dafür weiß er genau, was er im Bezug auf Will will. Das macht er auch deutlich, was ich auch sehr an ihm mochte. Es macht ihn authentisch, dass er sehr wohl auf der einen Seite weiß, was er will und sich dann zwar etwas vornimmt, sich aber nicht direkt darauf einlassen kann. Er hat Hoffnungen, Ängste, Zweifel, er liebt und trauert. Man macht gefühlt jede Emotion mit ihm durch. Ich mochte seine gesamte Art, er ist wortgewandt und hat eine lockere Sichtweise auf einige Dinge. Doch er hat auch Ecken und Kanten und weiß manchmal einfach nicht weiter. Er hilt, wo er kann, auch wenn er sich dadurch hin und wieder selbst in die Schusslinie bringt. Nicht jeder fasst seine Hilfe positiv auf, doch er lässt sich davon nicht beirren. Gerade im Bezug auf Lara mochte ich ihn sehr, da er schnell merkt, was eigentlich Sache ist und nicht davor zurück schreckt, trotz Startschwierigkeiten, Lara darauf anzusprechen.
Obwohl die Geschichte aus Ollies Sicht geschrieben ist, wirkt Will dennoch nicht blass. Man lernt ihn, soweit es geht, gut kennen und auch wenn Ollie dessen Entscheidungen nicht immer ganz nachvollziehen kann, so konnte ich es als Leser schon. Ich hatte mir nie gedacht: Ach komm jetzt stell dich nicht so an. Auch er hat seine starken und schwachen Momente. Mag man anfangs noch denken, was er eigentlich für ein rücksichtsloser Idiot ist, merkt man schnell, dass auch Ollie sich einfach täuscht, vielleicht ein wenig zu sehr an sich selbst denkt und die Ängste von Will nicht ernst nimmt. Auf den Ungeoutete kann man schließtlich gut drauf rum hacken, obwohl man doch eigentlich weiß, wie schwer das ist.

In der Geschichte werden viele wichtige Themen angesprochen: Coming out (nicht nur Will), Verlust und Trauer, Selbstfindung, um mal ein paar zu nennen. Aber auch einfach Herzschmerz, Highschool Drama, Freundschaft neue und alte und Familie und das alles mit zwar einer Prise Drama aber auch einer gehörigen Portion Humor. Die Autorin verpackt diese in eine liebevolle Geschichte, in dem nicht nur zwei junge Männer zueinander finden, sondern in der Ollie mit einem für ihn schwerwiegendem Thema zu kämpfen hat. Es gab eine Stelle, an der ich wirklich mit den Tränen zu kämpfen hatte. Durch Ollie schafft es die Autorin Emotionen und Gedanken nahe an den Leser zu bringen und ich habe mit ihm mitgefühlt, gelacht und geweint. Faszinierend fand ich auch, dass diese Geschichte ganz ohne Sex auskam, was ich wirklich passend fand, unabhängig vom Alter der Protagonsiten.

Auch Nebencharaktere spielen eine tragende Rolle. Ob Ollies oder Wills Eltern, Ollies Tante, Onkel, Cousine und Cousin, oder Ollies neue Schulfreundclique. Ich muss gestehen, die Mädels waren mir hin und wieder ein wenig to mouch, dafür haben mich Wills Freunde und Familie zum Ende hin sehr positiv überrascht, ich hatte erst befürchtet, es würde alles viel zu dramatisch sein. Denn Ollie allein muss sich schon mit sehr viel auseinander setzen. Bei der Mädchenclique fand ich Lara am interessantesten, ich hätte mir für sie zwar ein anderes Ende gewünscht, doch es passt auch. Nicht nur in die Protagonisten hat die Autorin ihr Herzblut gesteckt, auch in die Nebencharaktere, was ich wirklich schön fand, sie machen das gesamte Bild einfach noch runder, die Geschichte noch lebendiger. Sie erzählen Ollies und Wills Geschichte mit, doch auch ihre eigene.

Dieses Buch ist eine gelungene Young-Adult Coming out Geschichte, die ich auch Jugendlichen empfehlen würde, die in Ollies Alter sind und eventuell dieselben Probleme wie Will aber auch Ollie haben. Die Geschichte macht Mut und gibt Hoffnung und gleichzeitig ist sie so bewegend und berührend.

Kritik:

Die Mädchenclique rund um Ollie empfand ich an einigen Stellen to mouch. Bei Lara wirkt es teilweise erzwungen, dass sie immer so abweisend und verachtend gegenüber Ollie sein muss. Allgemein wirkten die Mädchen wie Stereotype, die Begabte, die Soziale und die von sich selbst Überzeugte. Für den ein oder anderen könnte es auch ein wenig zu viel Drama sein. Ollie muss sich schon mit einigen ernsten Themen auseinander setzen und wer derzeit absolut nichts lesen kann, in dem Verlust eines geliebten Menschen eine Rolle spielt, sollte dieses Buch auch nur mit Vorsicht zur Hand nehmen.

Fazit:

“Nur fast am Boden zerstört” ist ein gelungener Young Adult Roman, in dem Coming out eine entscheidende Rolle spielt. Ollie ist ein aufgeweckter Charakter, der weiß, was er will und doch noch so viel lernen muss. Beim Lesen hatte ich nicht immer das Gefühl, einen 17-Jährigen zu begleiten. Wie ist es sich nach einem Sommerflirt doch wieder zu begegnen, obwohl man glaubte, mit dem Ende der Sommerferien endet auch das Abenteuer. Wie verhält man sich? Wie geht man damit um, wenn einen die Person plötzlich ignoriert, die man geküsst hat, in die man sich verliebt hat? Will und Ollie zu begleiten ist schon ein steiniger Weg, auf den noch hin und wieder einige Nebencharaktere treten und mal Steine dazu legen oder welche ins Rollen bringen. Für mich ist dieses Buch eine gelungene Coming out Geschichte, insbesondere, finde ich, für Jugendliche, die im selben Alter sind, wie die beiden Protagonisten und die mit den selben Hindernissen zu kämpfen haben.

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